Nur Emergente Ordnung verhindert die Entstehung von Faschismus

Wir im Westen leben in einer erstaunlichen Welt! Einerseits gibt es immer noch die Schreckensvision, die George Orwell in “1984″ beschrieben hat – und zumindest der Überwachungsstaat ist in einem Umfang möglich, der Orwell`s Utopie  schon fast übertrifft. Trotzdem herrscht erstaunliche Gelassenheit – Jeder und Jede, der/die per “Handy” telefoniert oder das Internet benutzt weiß, dass Alles kontrollierbar und speicherbar ist und gespeichert wird, benutzt sie aber trotzdem. Auch ist keineswegs eine übergroße Zahl von Übergriffen z.B. “des Staates” zu registrieren, die auf die vermehrten Überwachugsmöglichkeiten zurückgeführt werden könnten.

Woher kommt diese Gelassenheit? Ich versuche eine Antwort und behaupte, dass wir längst in einer teil-emergenten Ordnung leben und daß diese die einzige Möglichkeit ist, Faschismus zu verhindern.

Nur eine Emergente Ordnung verhindert die Entstehung von Faschismus? Das ist eine gewagte These, ich weiß. Zumal es so viele “Antifaschisten” gibt, die alle meinen, zu wissen, was Antifaschismus ist, nämlich das was sie tun, Kampf gegen Nazis ff – all Die sollen sich irren?

Darf ich wirklich behaupten, dass diese “Antifaschisten” in Worten und Taten (Aktionen) nichts Anderes anstreben und produzieren, als einen neuen Faschismus? (Was Manche auch gar nicht abstreiten – schon Langhans und Bahro verurteilten 1967  den heute immer noch praktizierten Antifaschismus und forderten “positiven Faschismus”, siehe http://www.infopartisan.net/archive/trend/trend97/fo069713.html). Und Ignazio Silone sagte noch 1978:

“Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus.”

Zum Begriff “Faschismus” gab es schon damals und gibt es ja immer noch endlos viele Theorien, und die Definition ändert sich ständig, aber eine ganz wichtige Erkenntnis geht dabei oft unter, nämlich: Ein Faschismus ist nicht immer “böse”, im Gegenteil: Jeder Faschismus fängt immer klein an und gar nicht schlimm!. Im Gegenteil ist ein Faschismus zu Beginn immer ein Ordnungsangebot in einer chaotischen Zeitphase, er bietet Strukturen, Jugendgruppen, Mütterrechte, Arbeit für Arbeitslose, Anerkennung für nicht Anerkannte.

Natürlich wird jeder Faschismus irgendwann “böse”, das liegt an seinen inneren Widersprüchen. Und deshalb ist ja auch jeder Faschismus irgendwann an eben diesen Widersprüchen kollabiert, oft sehr gewaltsam  (bis auf die schlimmste Erscheinungsform: den religiös geprägten Faschismus), aber wo ist denn die Grenze? Wenn es vorher (in der “ordentlichen Phase”) kein Faschismus gewesen ist, ab wann ist er anders und “böse” und darf dann “Faschismus” genannt werden?

Irgendwer hat mal gesagt: Liberalismus führt zu Faschismus – dann wären wir bereits in der Anfangsphase eines neuen Faschismus. Sind wir es? “Antifaschisten” bekämpfen folgerichtig “Liberalismus” – aber was ist an ihrem Vorgehen anders? Welche Ziele haben sie? Ich weiß es auch nicht – manche (wie Langhans) sagen es ganz offen, Andere sagen es nicht. Und die Ziele vieler Anderer sind schöne Träume – nur den Weg dahin sagen sie ebenfalls nicht.

These: Individualismus und Empathie sind die Basis einer Emergenten Ordnung.

Immer noch (z.B. in der Kindererziehung) gibt es sehr viele Pädagogen, die Individualität ablehnen und statt dessen von “Identität” reden, die sie anstreben. Nur, liest man, was “Identität” eigentlich ist, dann kommen erschreckende Assoziationen zu der Zeit des frühen Faschismus in Deutschland (und nicht nur dort!). Identität – das ist Bejahung der physischen Einzigartigkeit, aber psychisch ist Identität nur akzeptiert als Teil eines Gruppenverbandes – und genau das war ja nun mal auch die Basis von jedem bisherigen Faschismus.

Nun lehnen Pädagogen Individualität ja nicht grundlos ab – Bejahung der Individualität alleine führt sehr schnell zu Egoismus (meinen sie), vielleicht zu Recht, aber nur dann wenn man “Individualismus” mit “Individualität” verwechselt. Denn die Realität zeigt etwas Anderes: Egoismus und Individualität sind durchaus unterschiedliche Erscheinungsformen und wahre Individualität ist oft gleichzeitig auch auffallend eher sehr altruistisch!

Ob Individualismus eine positiv zu akzeptierende Vorstufe zur Individualität ist, oder grundsätzlich als Weg zum Egoismus gesehen werden muss (wie von Lenin bis Stalin und  Mao Tse Tung, aber auch z.B. Che Guevara eindeutig erklärten, dann also eine Position der Linksfaschisten wäre), beantworte ich ganz subjektiv.

Erstens: Individualismus ist eine Vorstufe, die wegen der zeitgleichen Existenz von in verschiedenen Zeiten erzogenen Generationen  auftreten MUSS und eine zwangsläufige historische Vorphase ist. Der Grund dafür ist etwas schwieriger zu erkennen: Ausgelebte und ausgeprägte Individualität setzt automatisch Empathie voraus – nur mit Empathie und nicht anders entsteht Individualität. Allerdings ist von Kinderpsychologen (M.Hoffman) “empathischer Altruismus” schon bei Kleinstkindern (unter 2 Jahren!) festgestellt worden, der sich allerdings in der folgenden  “Erziehung” recht bald verloren geht. Diese “Empathie” ist die erste “Brücke” zum Erkennen Anderer (meist zuerst der Eltern), deren Grenzen und dann auch die eigenen.

Ein anderer Punkt kommt hinzu: Egoismus ohne Individualität ist denkbar,aber Individualität, die egoistisch ist, wird auf Individualität Anderer stoßen, und da zwangsläufig beiderseits Empathie vorhanden ist, werden die Beiden  sich einigen müssen und sie werden sich einigen – da könnte sogar eine ganz natürliche Form von Altruismus entstehen oder wieder erwachsen (und, so verblüffend es klingt: Sie entsteht!).

Zwei Indivividuen treffen also aufeinander, und wollen oder  müssen  miteinander “kommunizieren” – verbal oder nonverbal. Diese Kommunikation verläuft zwangsläufig in einer ganz konkreten Form, die andere Philosophen (Parsons, Luhmann) “Doppelte Kontingenz” nennen. Ich halte ein anderes Wort für richtiger – ich nenne diese Kommunikation “Duale Narration” oder sage, dass Beide jetzt “dualnarrativ” denken und handeln.

Das Wort ist zwar auch nicht leicht zu begreifen, aber zumindest beschreibt es den Vorgang besser – erklärt ist er ja in einem anderen Teil dieser “Tafel”. “Dualnarratives Denken” , die wichtigste Basis jedes freien Gesellschaft (siehe z.B. Wikipedia) kann jedes Individuum ganz von selbst, aber es kann auch gelernt werden – am Besten schon im Kindergarten – auch das “Wie” erklärt eine andere Seite dieser Tafel. Dann jedoch entsteht aus dieser Fähigkeit ganz von selbst eine “Emergente Ordnung”, und die ist dann (aber nur dann) ganz sicher kein Faschismus.

Ist das wirklich der einzige Weg, um einen Faschismus zu verhindern? Führt wirklich jeder andere bisher bekannte Denkansatz der Soziologie irgendwann in einen neuen Faschismus? Ja, meine ich – aber ich lasse mich gern eines Besseren belehren!

Aber: Sind wir nicht zur Zeit in Europa doch sehr weit weg vom Entstehen eines Faschismus? Ja, meine ich auch! Nur: Ich sehe schon längst das Existieren einer Emergenten Ordnung NEBEN der “Demokratie” in Europa.

Das sehen nur Wenige, aber es wird nur Zeit, dass wir es allgemein erkennen. Bejahen wir Individualität, aber vergessen wir nicht, dass Empathie eine wundervolle Beigabe – ja sogar Voraussetzung, ist. Und dann: Lernen wir, zu erzählen! Und natürlich: Zuzuhören! Und natürlich: Lernen, wie diese Emergente Ordnung ausgebaut und stabilisiert werden kann: Mit Individualität, mit Empathie, mit viel gegenseitigem Verständnis – auch für die, die mal etwas Anderes tun, als Gesetze und Regeln, Kultur und Traditionen und Gruppenzwänge undundund es uns vorschreiben!

Lasst uns einfach “drüber reden”! Aber richtig, nicht von “Führer” zu “Gruppe”, sondern: mit Empathie und Respekt vor der Individualität der Anderen, die vielleicht  Anderes wollen – es könnte auch unser Wollen sein. Das heißt dann “Kommunikation” – und dazu braucht es die “Duale Narration” bzw. “dualnarrative” Fähigkeit. Die “Emergente Ordnung” kommt dann ganz von selbst.

Sie wird anders aussehen, als wir es kennen, es wird Egoismus geben und Auseinandersetzungen, es werden ganz neue Phänomene auftauchen wie “autopoietische Systeme” oder ganz natürlicher Altruismus.

Aber ganz sicher kein neuer Faschismus.